Bücherraub statt Büchertausch

Dresden, 17.05.2021 ca. 8.10 Uhr – Bücherraub statt Büchertausch in der Johannstadt

Ein dynamischer Herr, ungefähr mitte 50, radelt mit seinem schwarzen Fahrrad zu meinem Büchertauschschrank. Ich stehe auf dem Balkon, warte auf meine Mama und freue mich, dass der Büchertauschschrank sehr stark besucht wird. Richtig zielgerichtet kam der Mann angeradelt und setzte seinen Rucksack ab. Neugierig beobachtete ich den Mann, da ich natürlich gern sehen wollte, welche Bücher er hineinstellt und welche er mitnimmt. Doch dann sah ich, wie er sein Handy zückte…

…und mein Mund öffnete sich vor Staunen. Was macht er da? Soll ich vom Balkon runter rufen und ihn ansprechen? Ich war völlig fassungslos und wollte nicht wahrhaben, was ich sah. Also flitzte ich in die Küche und schaute aus dem Fenster und tatsächlich sah ich, was ich nicht sehen wollte und erst recht nicht für möglich hielt. Er verschaffte sich innerhalb von Sekunden einen Überblick über die Bücher im Tauschhaus, nahm dann gezielt ein paar Bücher heraus und begann in einer routinierten Schnelligkeit, die Bücher zu scannen. Wenn mich meine Augen und der Zoom der Handykamera nicht täuschen, handelt es sich bei der App um die von der Verkaufsplattform Momox. Ist das sein Ernst?

Bücherraub statt Büchertausch

Als ich wieder auf den Balkon zurück flitzte, stellte er ein paar Bücher wieder zurück und die restlichen wanderten in seinen Rucksack. Den setzte er sich beschwingt den Rucksack wieder auf und radelte los, auf in den schönen sonnigen Montag. Und ich? Stand fassungslos auf dem Balkon, ohne ein Wort zu sagen und verarbeitete, was sich da vor meinen Augen ereignete. Schockiert erzählte ich meiner Mama davon, die nicht glauben konnte, dass ich schlagfertige Person einfach nichts gesagt habe. Das hat mich ja selbst sehr geärgert, aber ich musste erst schauen, ob ich richtig sah und dann war ich einfach völlig schockiert über diese routinierte Dreistigkeit.

Was gibt es bitte für dreiste Menschen? Ich bin immer noch fassungslos und habe das Ereignis in meiner Story auf Instagram geteilt. So viele entsetzte Reaktionen habe ich bisher noch nie bekommen und von der lieben Sarah (Pinkfisch) kam der Tipp, die Bücher als Leseexemplare zu markieren bzw. oben und unten mit Eddingstrich zu versehen. Den Tipp konnten wiederum andere Follower:innen von mir auf Instagram mitnehmen, da sie selbst sogar schon ähnliche Situationen erlebten. Das hat mich gleich wieder schockiert, da ich wirklich dachte, dass in der Buchszene die Dreistigkeit, vor allem was Büchertauschschränke betrifft, nicht zur Tagesordnung gehört. Also leider habe ich da viel dazugelernt, schlimme Geschichten geschrieben bekommen und war eindeutig bisher zu naiv.

Leseexemplare

Bei Momox habe ich mich gleich noch in Sachen Bücherankauf schlaugemacht. Leseexemplare kauft Momox nicht an, so steht es in den Regeln. Allerdings scheint das nicht ganz zu stimmen, denn auf meine weiteren Storys kamen gleich die nächsten Erfahrungsberichte. Einige Käufer:innen haben nämlich schon sehr oft Leseexemplare bekommen, obwohl Momox eigentlich gar keine ankauft. Gut zu wissen…

Ich habe tatsächlich früher mal bei Tauschticket mitgemacht, sonst aber bisher nie gebrauchte Bücher gekauft, also keinerlei Erfahrungen. Mit Momox selbst habe ich bisher nur Verkaufserfahrung – allerdings habe ich nur Bücher aus meinem Regal verkauft, die ich entweder geschenkt oder selbst gekauft habe. Ich bin keine Gegnerin von Momox und Co., finde es nämlich sogar ausgesprochen klasse, dass man dort gebrauchte Artikel verkaufen kann und diese nicht wegwerfen muss. Allerdings bin ich absolute Gegnerin von dreisten Menschen, die sich an Büchertauschschränken bedienen, um noch ein paar Mark herauszuschlagen. Dreist kommt weiter oder was? Ich bin wirklich sehr sauer, absolut wütend und entsetzt über das Verhalten des Mannes und wie sich herausstellt, ist er nicht der Einzige.

Dreist kommt weiter?!

Ab sofort werde ich Bücher, die ich selbst in Büchertauschschränken abgebe, entweder mit Leseexemplar markieren, besser aber – die ISBN Nummer mit schwarzem Edding unkenntlich machen. In den Ankaufrichtlinien steht zumindest, dass die Bücher scannbar sein bzw. eine intakte ISBN Nummer besitzen müssen. Somit scheint mir dieses Vorgehen sicherer zu sein, da ja Leseexemplare wohl trotzdem angekauft werden.

Hast du solche dreisten Menschen auch schon an Büchertauschschränken erlebt? Scheinbar war ich bisher tatsächlich sehr naiv und dachte, dass es nur leidenschaftliche Leser:innen gibt. Schließlich möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich schon viele Bücher wieder angetroffen habe, die sich Leser:innen getauscht und wieder zurückgetauscht haben. Genau so soll ja ein Büchertauschschrank funktionieren.

Das Luftmachen hat gut getan und beim nächsten Mal werde ich ganz sicher nicht meinen Mund halten, das habe ich mir fest vorgenommen. Handeln statt schockiert beobachten – ganz wichtig!

Erzählt gern, was ihr schon erleben musstet und wie ihr daraufhin gehandelt habt. Es gibt so viele Baustellen in verschiedenen Bereichen, an denen viel zu tun ist. Wie hier an unseren Pappe- und Glascontainern. Da stehen regelmäßig einfach volle Müllbeutel mit Kunststoffmüll daneben oder die Menschen stecken megagroße Kartons quer in den Container, so das keine weiteren Pappen mehr hinein passen. Noch nichts von Kleinmachen mit einem Messer gehört? Arggghhhhh…

Bleibt umsichtig, sauber und fair! Danke.


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7 Comments on Bücherraub statt Büchertausch

  1. Ich habe das schon gehört, dass professionelle Händler sich die Sahnestückchen in größerem Stil aus den Bücherschränken holen. Gesehen habe ich es noch nicht.
    Das mit dem Durchstreichen des Codes ist eine gute Idee!

    Liebe Grüße
    Mona

  2. Grrrrr. Bin echt agro, sauer, wütend, traurig. Ich glaube, dass solche Menschen gar nicht lesen, nicht die Intelligenz haben, sich auf eine Geschichte einzulassen, diese zu verstehen, die Protagonisten zu mögen, zu lieben, zu fürchten, was auch immer. Diese Menschen wollen Geld machen, sind vlt. auch ganz arme Teufel. Vlt. waren sie auch mal „ganz oben“ und haben noch ganz andere Dinge getan. Wer weiß das schon. Können einem fast leid tun, solche Idioten. Müssen es ja verdammt nötig haben. Die Kohle oder den Kick. Eins von beiden.

  3. Bei unserem Bücherschrank bekommt jedes buch einen Stempel mit dem Wappen der Stad und „unverkäufliches Exemplar“ draufgestempelt und zwar auf den Buchschnitt. Genau das finde ich wirksam und richtig! Ich kaufe und verkaufe selbst gebrauchte Bücher über medimops (Ankauf), momox (Verkauf) und rebuy. Und ja, es steht zwar, dass Leseexemplare nicht genommen werden, aber ich hatte shcon enige Male Leseexamplare bekommen, ebenso wie Mängelexemplare. Also so genau nehmen sie es wohl nicht….

    Die Frechheit dieses Mannes finde ich allerdings wirklich schockierend!

    Liebe Grüße
    Martina

  4. Wir in der Eifel (56743 Mendig) hatten auch mal so einen Buchgeier am Schrank. Den habe ich inflagranti erwischt, allerdings wusste ich da nichts von Momox. Der scannte die Bücher über den Barcode mit dem Handy ein und hatte sich schon einige meiner Schätze auf die Seite gelegt. Auf die Frage, was er da mache, sagte er mir frech, er würde die Bücher im Internet suchen, damit er über den Inhalt mehr Informationen bekommt. Er hat dann aber schnell das weite gesucht. Femde Autonummer…. Scheint also kein Einzelfall zu sein.

    • Lieber Karl, oh nein, so eine Sauerei. Echt unmöglich die Menschen – ja, so wie hier war es also auch bei dir. Wirklich traurig, ich mein, da lohnt sich ja das Flaschensammeln mehr und ist keine Frechheit, wie der Bücherklau. Unmöglich, aber nein, ich rege mich jetzt nicht auf.
      Frechheit.

      Ich wünschte, ich wäre hier der Einzelfall, aber leider haben mir auch auf Instagram viele Leser*innen geschrieben, dass ich das nicht bin. Schade.

      Hab noch einen schönen Sonntag – Bini

  5. Unglaublich dreist, gut dass Du berichtest. Ich kaufe sehr viele Bücher gebraucht, aber nie bei Momox. Schlechte4 Einkaufspreise, dafür überhöhte Verkaufspreise und Ausbeutung der Mitarbeiter.
    Viel besser ist booklooker.de, dort verkaufen Leser direkt an Leser, ohne Zwischenhändler wie Momox, die nur absahnen.
    Gruß aus Berlin, Michael

    • Ja, absolut – das ist wirklich traurig, aber es steht uns ja zum Glück allen recht frei, wo wir kaufen. Erfreuen wir uns an guter Literatur – Koller kann ich dir schwer empfehlen.

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