Als ich Anfang November 2020 ein Paket vom Verlag Droemer bekam und nach dem Öffnen den Roman „Bergsalz“ von Karin Kalisa in den Händen hielt, war ich ganz schön perplex. Dass sie einen neuen Roman veröffentlicht hat, ist mir völlig entgangen, dabei ist die Autorin für mich keine Unbekannte. Ich durfte Sie bereits in der Buchhandlung Findus in Tharandt persönlich treffen und ich habe von ihr schon „Sungs Laden„, das Weihnachtsbuch „Sternstunde“ und den Roman „Radio Activity“ von ihr lesen, mit dem sie mich 2019 absolut überzeugte.
Bergsalz
Nun also „Bergsalz“ – vom ersten Blick mehr Sachbuch als Roman und der Verlag überraschte mich zudem mit einer Packung Alpensalz aus Bad Reichenhall. Was für eine passende Idee, wenn auch etwas ungewöhnlich. Meine Neugierde war geweckt und ich gestehe, dass ich sofort loslesen musste. Doch dann kam der Schockmoment: Die ersten Seiten fesselten mich wenig, schreckten mich sogar ab. Ausschweifende Naturbeschreibungen, eine Handlung, die nicht richtig in Fahrt kommen will und irgendwie alles so abgeschieden, so altbacken…
Doch Karin Kalisa schafft es trotzdem, mich zu überzeugen, denn nach ein paar Seiten wird klar, dass alles richtig und stimmig ist. Wir befinden uns schließlich im Voralpenland, um nicht zu sagen: In der Einöde. Dort, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Naja, zumindest dort, wo schon über viele Jahre die Einsamkeit gelebt wird und die Höfe weit auseinanderstehen und keine tiefgehenden Nachbarschaftskontakte existieren.
Voralpenland
Karin Kalisa führt uns aufs Land dahin, wo scheinbar alles ruhig und harmonisch ist. Die Einsamkeit ist die Normalität und die gerät ins Wanken, wenn während des Mittagstisches gestört wird. Obwohl Franzi es nicht mag, allein zu sein, nur für sich zu kochen und den Tisch einzudecken, fühlt sie sich erst durch die Johanna gestört. Und dann kommt die Freude darüber, nicht mehr ganz einsam zu sein und etwas Zeit mit der Johanna zu verbringen und sogar mit ihr zu kochen. Warum nicht immer gemeinsam kochen und essen? Warum nicht sogar mit allen einsamen Frauen im Dorf?
Genau die Botschaft – das Wandeln der Einsamkeit in Gemeinsamkeit ist es, die Autorin Karin Kalisa übermittelt. Das Aufbrechen jahrelanger Traditionen, die Veränderung der Menschen in den ländlichen Gebieten und sogar ein ganz neuartiger Versuch des „Social Lunch“ sind die Themen, die in Bergsalz eine große Rolle spielen. Und natürlich gibt es eine Geschichte aus der Vergangenheit, die ans Tageslicht kommt, wie auch eine ganz aktuelle Verbindung zu unserem HEUTE.
Karin Kalisa lässt uns Bergluft schnuppern und sie gibt uns ein Gewürz an die Hand, was nicht verderben kann. Mit ihrem Roman „Bergsalz“ wagt sie sich aus meiner Sicht auf ein ganz neues Gebiet, setzt sogar den dortigen Dialekt ein und erzählt in nicht üblichem Stil über ihre Protagonistinnen. Frauen aus drei Generationen, die mir ans Herz gewachsen sind und mir eine richtig schöne Welt präsentiert haben. Karin Kalisa entschleunigt ungemein, so viel sei versprochen!
P.S. Und wer vielleicht das ein oder andere Wort nicht gleich versteht, liest im Glossar nach.
Liebe Bini, jetzt war ich hier ;). „Radio Activity“ habe ich von Kalisa noch auf meinem SuB. Von „Sternstunden“ war „Irve liest“ nicht begeistert und von „Sungs Laden“ habe ich schon viel Positives gehört.
Nun hatte ich zu der LR auf LB teilgenommen und war dann leider etwas enttäuscht. Der Anfang hatte mir mit der Sprache und Franzi gut gefallen. Ihr laut Denken ihrer Sichtweise und Tätigkeiten, sind erfrischend und amüsant. Es ist schon komisch, wie man sich in einer Dorfgemeinschaft ohne direkten Kontakt und spontanen Besuchen einrichten kann. Alles läuft, alles läuft wie immer. So ein Klingeln außerhalb der Zeit und für Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollen, ist da nicht vorgesehen und ruft Misstrauen hervor.
Das Büchlein berührte mich geistreich, aber eben nicht genug. Alles geht nunmehr schnell glatt. Leider ist das Leben aber zumeist nicht so leicht und schön. Widerstände sind hier fast keine. Es steigert sich der Plot beinahe in eine Triumphfeier für die Dorfgemeinschaft, wo jeder seine Freude bekommt. Das sollte so sein, ist aber eher unrealistisch. Wer also wohlige Büchlein ohne großes Aufbegehren und mit leichter Stimmigkeit mag, wird hier sehr gut bedient. Ich bin aber im Inneren hinterfragender und nicht so leicht zufriedenzustellend. Schade, aus einer wirklichen guten Grundidee ist der Roman dann versandet, so zumindest mein Empfinden.
Am schönsten empfand ich letztlich noch den Einschub von der Botschaft im frühen 16. Jahrhundert, als damals das einfache Volk gegen die Obrigkeit revoltierte und dieser Geist noch im alten Gemäuer der Einödle steckt. Gerade diese Einbindungen vermittelten mir zum Anfang keinen Bezug und waren dann aber schön rund aufgelöst, das hat mir gefallen.
Meine liebe Simone, ohja, wirklich gute Worte und ich kann da nur bekräftigend nicken. Ich selbst habe mich aber letztendlich auch nicht zur richtigen Zielgruppe gezählt oder kam mir beim Lesen merkwürdigerweise zu jung vor. Wobei die Charaktere sich von ihrer altbackenen Art immer mehr ablösen und auffrischen. Schon ein richtig schöner Friede-Freude-Eierkuchen-Roman und das meine ich nicht abwertend, die braucht es ja auch und ich denke, Karin Kalisa Fans werden ihn mögen, aber auch merken, dass sie sich hier auf ganz neues Gebiet wagt.
Radio Activity mag ich am liebsten, mit dem hat sie mich echt überzeugt und sehr berührt und da schreibt sie so ganz anders. Die Sternstunden fand ich auch nicht so, so, so dolle und Sungs Laden war okay. Meine Meinungen findest du alle hier, falls du die lesen magst.
Hab noch einen schönen Tag, auf bald. Bini