Literatwo Bücherregal

Liebes Bücherregal,

vorgestern ist mir etwas sehr merkwürdiges passiert. Nein. Moment.

Liebe Bücherregale,

vorgestern habe ich mal wieder festgestellt, dass es hier immer voller und voller wird. Das ist nicht schlimm, schließlich liebe ich Bücher. Aber eure Bretter biegen sich an einigen Stellen und ich habe kaum noch Platz für die ganzen Neuzugänge. Ach, meine lieben Regale, wie soll ich es euch nur sagen…

Ich muss mich von einigen Büchern trennen und ich muss etwas mehr Ordnung schaffen. Das habe ich nun beschlossen und ich habe mir die Zahl 100 vorgenommen. Wenn ich euch das so schreibe, wird mir ganz komisch. Den ersten Schritt habe ich vorgestern gewagt und seit dem habe ich erst mal pausiert. Ich weiß, dass die Bücher hier nicht nur als Dekoration stehen, selbst wenn einige tatsächlich einen Platz in der ersten Reihe bekommen haben.  Mir wurde schon nach drei Regalfächern bestätigt, dass ich zu vielen Büchern eine sehr enge emotionale Bindung habe.

Bücherregal

Liebe Bücherregale, ihr wisst, dass ich ein sehr emotionaler Mensch bin und das ich nicht weit weg von der Elbe wohne. Ich habe oft vor euch geweint, aber auch viel gelacht, gejubelt, laut vorgelesen und zärtlich die Bücher in euch hinein gestellt. Das ihr nicht alle gleich ausseht, ist zwar schade, aber Bücherregale sind auch nur Menschen. Jedes ist anders – eins von euch hat überwiegend Kinder- und Jugendbücher, das große ist das zentrale Schmuckstück des Wohnzimmers und beherbergt überwiegend Gegenwartsliteratur. Dann gibt es das Sammelregal, da dürfen die Neuerscheinungen drauf Platz nehmen, Etagen darunter stehen Bücher die eigentlich schon gelesen sein sollten. Und ganz oben hinten stehen alle Bücher die ich in diesem Jahr schon gelesen habe.

Schon im letzten Jahr habe ich alle gelesenen Bücher gestapelt und erst nach Silvester entschieden, welche Bücher ins Bücherregal umziehen dürfen und welche weiter wandern, sprich in die Bücherzelle oder ins Tauschregal vor dem Haus dürfen. Eine gute Maßnahme, um euch Bücherregale nur mit den besten Büchern, mit Herzensbüchern zu bestücken. Das habe ich sozusagen nun im Griff – sagen wir so: ich fühle mich damit gut und schaffe es, mich von den Büchern zu trennen.

Emotionale Bindung

Mein Hauptproblem, liebe Bücherregale, sind die Bücher, die schon länger hier wohnen. Dabei muss ich zwischen gelesenen und vielen ungelesenen Büchern entscheiden. Egal ob gelesen oder nicht, die Entscheidung fällt mir schwer – ich bin eindeutig zu emotional!

Wisst ihr – selbst Bücher, die hier unaufgefordert von Verlagen oder eben kleinen (noch) unbekannten Autoren eingetroffen sind, kann ich nicht einfach aussortieren. Ich komme mir schlecht vor und frage mich: Verpasse ich vielleicht ein wichtiges Buch? Ist das gegenüber dem Autor fair? Dann wende ich das Buch mit einem oft schönen Cover und stelle es zurück ins Regal – für später mal, wenn ich mal Lust auf genau DAS Buch habe. Ist das Verhalten richtig? Ist mein Gewissen zu weich? Wird es den Tag überhaupt geben? Ist es nicht schlimm, dass sich der Buchmarkt so schnell dreht und es ständig neue Bücher gibt die laut HIER schreien und hier einziehen wollen?

Bücherregal Literatwo

Volle Fächer

Liebe Bücherregale, ich habe wohl mehr Fragen als Antworten und das beschäftigt mich. Vorgestern habe ich drei Regalfächer (nicht im Bild) geordnet und neu sortiert. Dabei habe ich 14 Bücher aussortiert und erst mal daneben gestapelt (nicht im Bild). Das ist nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass ein Bücherregal neun Fächer mit ungefähr gesamt 200 Büchern hat. Uff – ich habe gerade gezählt, viele davon sind recht dünn und recht alt. Einige davon gehören meinen Eltern, sind von der kleinen Omi geerbt und Klassiker. Der Schimmelreiter stand drei Mal drin – zwei davon behalte ich – einmal Hardcover, einmal Taschenbuch. 😉 Immerhin. Dann habe ich die aussortierten Bücher auf Instagram gepostet und so einige Fragen gestellt und Antworten bekommen, die mich bestärken und gleichzeitig verunsichern.

Fragen & Anworten & Reaktionen

Ich liste mal die Beispiele auf die mir Kopfzerbrechen bereiten und neue Fragen auslösen:

1. Ich habe „Coraline“ von Neil Gaiman und „Freier Eintritt“ von Martha Grimes aussortiert. Kommentare auf Instagram: Oh, Freier Eintritt ist eines meiner Lieblingsbücher; Oh, Coraline?; was willst du dafür haben?

Fazit: beide Bücher bleiben und ich will nix für ein aussortiertes Buch haben – wenn gebe ich die Bücher runter in den Büchertauschschrank oder ich schaffe sie in die Bücherzelle.

2. Wie soll ich mit signierten Büchern umgehen, die ich als Danke für Aktionen bekommen habe und eigentlich nie lesen wollte oder lesen wollte, aber überhaupt nicht mehr in mein Lesemuster passen?

Fazit: es gibt noch keins und ich grübel über die bunte Mischung aus Reaktionen auf Instagrm. Signatur rausreißen und sammeln (im Notizbuch, Bilderrahmen, Poster basteln); mit Signatur und persönlich innigen Widmungen in die Bücherzelle die etwas weiter weg ist, um die Verbindung zu mir nicht herstellen zu können – das ist auch für die neuen Leser schön, die können sich Geschichten zusammenreimen, wie es zu den Widmungen kam; behalten; Signatur schwärzen; nur nicht rausreißen!; Autor fragt an, ob ich das Buch zurückschicken mag.

Ups – ja, ich bin überfordert. Vor allem nagt jetzt das schlechte Gewissen. Wie würde ich mich fühlen, wenn ich der Autor wäre? Dabei meine ich es ja nicht mal böse, bei mir staubt das Buch nur ein und doch habe ich mich damals riesig gefreut und es hängen viele Erinnerungen an dem Buch – ich werde es eben nur nie lesen.

Erstlingswerke / Buchschätze

3.Aussicht auf Sternschnuppen“ von Katrin Koppold – 2013 war sie unbekannt, das Buch war ihr ganzer Stolz, ihr Erstlingswerk, kein Verlag – 2019 ist sie bekannt, liest auf Buchmessen, schreibt bei einem großen Verlag, hat viele Fans – aussortieren? Oder behalten, weil es regelrecht historisch ist? Wertvoll?

Fazit: Katrin schreibt super, nur das Genre passt nicht ganz zu mir. Aber es ist so irre, dass ich sie im März nach sechs Jahren treffen konnte und ich eine ihrer ersten Leserinnen war. So eine tolle Frau und Autorin. Der Roman dient als Beispiel für die anderen rund 30 Romane – einige Autoren sind jetzt bei großen Verlagen, andere Autoren haben das nie geschafft. Unberücksichtigt aussortieren? Unterscheiden? Sind das nicht wertvolle Einzelstücke, egal ob ich sie mag oder nicht, egal ob gelesen oder nicht?

4. Bücher die man geschenkt bekommen hat – an Geburtstagen oder mit Wichtelpaketen etc. Einfach weg? Oder behalten, weil es Geschenke von Menschen sind, die man mag? Denen das jeweilige Buch viel bedeutet?

Fazit: schwer, sehr schwer. D nagt das Gewissen und natürlich auch die Neugierde – nur…wann lesen?

Nicht mehr im Regal – raus aus dem Kopf

5. Bücherreihen – unvollendete – ?! Bücher von Autoren, die man interviewte, mit denen man gemeinsame Aktionen ins Leben rief? Wanderbücher mit vielen Notizen? Bücher von Autoren, mit denen man Kontakt hatte, die allerdings inzwischen verstorben sind? Klassiker? Einfach aussortieren oder aus Anstand/Respekt behalten?

Fazit: ich glaube, dass die Fragen mir am meisten den Leserkopf zerbrechen werden und ich diese Bücher in ein Fach sortiere und dann weiter entscheide.

6. Nicht mehr im Regal – raus aus dem Kopf, obwohl es einen Artikel auf dem Blog gibt?

Fazit: auch so eine Angst, wenn einige Bücher das Bücherregal verlassen müssen. Denk ich dann nicht mehr an die Titel, die mir gefallen haben, die ich immer wieder gern mal empfehle, aber eben nicht unbedingt hier bleiben müssen? Braucht es nicht eine Grundausstattung – Klassiker, Thriller, Krimi, Kinder- und Jugendbuch, Sachbuch, Comic, Gegenwartsliteratur, Unterhaltung? Schließlich ist das Wohnzimmer eine kleine Bibliothek und es kommen gern mal Freunde, die ich berate und die sich dann ein Buch leihen.

Liebe Bücherregale, es müssen einige Bücher gehen. Das habe ich mir vorgenommen und das werde ich auch umsetzen. Ich muss vielleicht härter werden, mich von diesen emotionalen Fragen und Gedanken lösen. Ein Buch muss nicht bleiben, weil der Autor einen großen Namen hat oder weil ich mit dem Autor mal eine intensive Zeit hatte, ihn getroffen habe, Aktionen veranstaltet habe. Ich muss das Buch nicht im Regal haben und kann es trotzdem lieben. Und nein, jetzt kommt hier kein: ODER? … oder? 😉

So ein Bücherleben und auch so ein Leserleben ist schon nicht immer einfach. Aber kompliziert denken kann ich sehr gut, dass habt ihr inzwischen lesen können. Lesen hilft – schreiben auch – austauschen sowieso. 😉

Liebe Bücherregale, ich bin froh, dass es euch gibt und das ihr täglich Kraft habt, die vielen Bücher zu tragen.

Eure
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4 Comments on Liebes Bücherregal

  1. Ich kann dich so gut verstehen!!!!
    Auch ich habe noch einige Bücher im Regal, an denen eine emotionale Bindung ist, die ich aber definitiv nicht mehr lese. Reihen, die nie beendet wurden, ich immer noch lesen wollte, aber dann nicht mehr gepasst haben, weil auch ich mich verändert habe. Dann gibt es Bücher, von denen es mir ganz leicht fällt, mich zu trennen, wo ich schon beim lesen bemerke, das muss ich nicht behalten.
    Und trotzdem fällt mir jedes aussortieren schwer!
    Allerdings muss ich aussortieren, denn ich habe so wenig Platz dafür und zwei lesebegeisterte Mädels, die ebenfalls jede Menge Bücher besitzen!

    Liebe Grüße Anett

    • Liebe Anett, Danke für deine Worte und den Austausch auch via Instagram.
      Ich habe jetzt beim Aussortieren festgestellt, dass der Anfang wohl nicht einfach war. Mittlerweile geht es aber besser und besser und der wenige Platz, den man immer noch nicht wirklich wahrnimmt, tut gut…haha

      Ich bleibe jetzt dran – zudem brauch der Büchertauschschrank immer wieder neuen Stoff.

      Liebste Grüße – Bini

  2. Hallo,

    vieles davon kommt mir sehr bekannt vor… Ich stehe zum Beispiel auch öfter vor den signierten Büchern, die ich mit Sicherheit nicht mehr lesen werde, weil sich mein Lesegeschmack einfach geändert hat.

    Bei Katrin Koppold geht es mir übrigens ähnlich wie dir! Ich habe „Aussicht auf Sternschnuppen“ auch damals in der ersten Auflage gelesen und war sehr angetan, so dass ich später auch den zweiten und dritten Band gelesen habe. Allerdings lese ich das Genre inzwischen gar nicht mehr…

    LG,
    Mikka

    • Hey Mikka, ja, so ist das eben in einem Leserleben. Die Geschmäcker ändern sich. Das ist eben wie im richtige Leben – auch ein wenig traurig. Erst ist man mega vorfreudig auf ein Buch und dann kommen so viele andere und schwupps…es gerät nach hinten, in Vergessenheit und dann kommt es eben zu anderen Lesern. Irgendwie aber auch schön – es ist ja nicht schlecht.

      Wie cool – du auch`? Das ist ja mal genial. Und hast du ihr Buch noch? Das hat ja schon den Status – wertvoll, hat kaum jemand, historisch, Unikat…

      Hab ein schönes Wochenende. Bini

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