Seit Anfang letzter Woche ist der Roman mit dem unwahrscheinlich schönen, romantischen Cover auf dem Büchermarkt.
„Eine bezaubernde Liebesgeschichte über alle Zeiten hinweg“ meint die Autorin Anne Fortier. Dieser Satz steht über dem Namen der Autorin auf dem Cover und ich war hin- und hergerissen, ob ich mich ins Haus der verlorenen Düfte begeben soll. Eine reine Liebesgeschichte, viel Romantik und vielleicht vorhersehbarer Inhalt mit wenig Handlung – das alles wollte ich nicht. Das Cover hat mir den nächsten Schritt erleichtert, denn es sieht so unwahrscheinlich schön aus, dass ich es letztendlich doch nicht zur Seite legen konnte.
Aller Anfang ist schwer heißt es, doch der Anfang war nicht schwer, sondern komplett anders, als gedacht, denn es verschlug mich direkt auf der ersten Seite zurück ins Jahr 1799 und zwar nach Ägypten. War ich doch soeben im Prolog noch in China, im Jahr 2007 wo die Widergeburt lebendiger Buddhas für genehmigungspflichtig erklärt wurde. Nun stand ich allerdings an Napoleons Seite in einer uralten Gruft und ein Duft kroch in meine Nase. Er wurde von zwei Mumien, einem Liebespaar verströmt, neben denen außerdem eine Sammlung von Rezepturen von Kleopatras Parfümeuren liegt. Ein seltener Duft, ein Parfum, was Giles L´Étoile dem französischem Parfümeur, Tränen in die Augen trieb, denn genau jenes hat er sein Leben lang erschaffen wollen.
Er roch die wahre Liebe, Duft gewordenen Emotionen. Irgendetwas geschah mit ihm, als er diesen Duft in sich aufsog.
Jac L´Étoile lebt in New York, ihr Bruder Robbie in Paris. Beide sehen sich selten und wenn sie dennoch aufeinander treffen, streiten sie sich meistens über die Parfümerie, der es finanziell mehr als schlecht geht. Doch heute ist der Todestag ihrer Mutter Audrey und sie begegnen sich in der Kapelle auf dem Friedhof. Seit dem Tod der Mutter leidet Jac unter wahnhaften Störungen, bis heute sind diese noch nicht vollständig geheilt und ihr Geruchssinn ist sehr empfindlich und stärker als bei anderen.
Robbie ist aber nicht nur wegen dem Todestag seiner Mutter und wegen seiner Schwester Jac in New York, sondern auch wegen dem geheimnisvollen Fund, den er in der Werkstatt seines Vaters in der Parfümerie machte. In der Phoenix-Foundation soll ihm nun weitergeholfen werden und vor allem muss Jac unbedingt an den geheimnisvollen Tonscherben riechen, denn diese scheinen ein Parfum zu verströmen, was nur sie in ihre Bestandteile zerlegen könnte.
Die Spuren führen die Geschwister zur Geschichte zweier Liebenden, zu einem Parfüm, was in einen so tiefen Zustand der Meditation versetzten kann, dass man sich an das frühere Leben erinnert und zu den Tonscherben, die von einer Erinnerungshilfe abzustammen scheinen.
Mit diesen gefunden Schätzen und dem offenlegen ihrer Familiengeschichte, beginnen die Probleme. Robbie ist wieder in seiner Werkstatt in Frankreich, gemeinsam mit Griffin. Er hilft ihm die Tonscherben zusammen zu setzten, um weiter daran forschen zu können. Das Team wird von einem auf den anderen Tag getrennt, denn Robbie ist verschwunden, die Tonscherben sind ebenfalls weg und in der Werkstatt der Parfümerie liegt ein Toter. Jac kommt umgehend aus New York um gemeinsam mit Griffin nach ihrem Bruder zu suchen. Für sie persönlich eine doppelte Belastung, da Griffin ihr Ex-Freund ist.
Ein Wettlauf beginnt, denn der geheimnisvolle Besitz des Hauses L´Étoile hat sich herum gesprochen und die Rezeptur des Duftes ist nicht nur von ungeahnter Wirkung, sondern für viele ein wertvoller Schatz den sie gern ihr eigen nennen würden.
Nachdem aller Anfang etwas anders als gedacht und ich immer etwas auf der Hut vor Kitsch oder einer reinen vorhersehbaren Liebesgeschichte war, bin ich am Ende voller Begeisterung. Plausibilität ist hier wohl der magische Duftleitfaden. Melisse J. Rose musste dennoch Überzeugungsarbeit leisten und wenn sich der Leser letztendlich geschlagen gibt, kann der Roman nur ein Erfolg werden und sein.
Die Autorin musste mich überzeugen, dass sie nicht durch die Hilfe eines Parfums ein ehemaliges Paar wieder zusammen bringt. Reinkarnation – ein Thema was in unserem Alltag keine Rolle spielt, musste sie mir schmackhaft machen. Sie brachte mir den Dalai Lama etwas näher und die Welt der Düfte wurde für mich mehr als lebendig. Zudem erstaunte sie mich mit der Fähigkeit in gerade mal 500 Seiten die Romanfäden so stark in den Händen zu halten, dass es ihr nicht nur gelingt Vergangenheit und Gegenwart zu verknüpfen, sondern auch noch wichtige Handlungsverläufte in Amerika, Europa und China miteinander zu vereinen.
Ein klein wenig erinnert die Autorin an den Roman „Das Parfum“, ihr Plot ist aber ein völlig anderer. Kein schlechtes Zeichen, denn auch hier trifft wieder die Tatsache zu, dass Bücher miteinander sprechen. Die Protagonisten sind liebenswert und charakterlich stark dargestellt, der Lesefluss fließt immer schneller und steigert sich bis zum finalen Höhepunkt.
Ein Roman voller Geheimnisse, mit spannenden Einblicken in die Welt der Düfte und deren Geschichte. Faszinierend wie Tradition und Gegenwart zusammen finden, in einer historischen, kriminellen Genremischung mit einem Hauch Liebe. Eine zauberhafte Mischung die unter einem romantischen Cover verpackt und beim ersten Blick nicht zu erahnen ist.
Eine dufte Zeit konnte ich im Haus der verlorenen Düfte verbringen und ich verdufte gern wieder dahin zurück!