Kategorie: Autoren

[Kids] Kinderbücher bei uns?

Katja Alves
Katja Alves im Gespräch

Die Frankfurter Buchmesse ist vorbei und irgendwie steckt sie immer noch in unseren Knochen. Aber wie wir alle wissen, nach der Messe ist vor der Messe und im nächsten Jahr geht es in Leipzig weiter, in diesem Jahr sogar noch in Dresden. Die Schriftgut ruft und Literatwo ist am Planen.

In Frankfurt haben wir wieder so einige Schätze entdeckt und spontan kam uns die Idee mal ein paar Bücher vorzustellen, die nicht in unser Lesemuster passen. Ein richtiges Muster haben wir zwar auch nicht, aber bisher seid ihr wohl nicht gewohnt, auch mal eine Empfehlung aus dem Kinderbuch-Bereich zu bekommen.

Wir wollen euch gleich 3 Bücher aus dem Hause Arena in einem Artikel vorstellen, sozusagen eine herbstliche 3 in 1 Empfehlung. Alle drei stammen aus der Schreibfeder von Katja Alves. Die in der Schweiz lebende Autorin hat uns im Gespräch total begeistert und es geschafft, dass wir uns ihren Büchern sofort widmen.

Der Muffin-Club - Die süßeste Bande der Welt (Band 1)
Der Muffin-Club – Die süßeste Bande der Welt (Band 1) – Illustrationen © Elli Bruder

Was für uns vielleicht ein recht kurzes Lesevergnügen an einem Abend war, ist für kleinere Leser ein langfristiges Lesevergnügen über mehrere Abende. Egal ob kurz oder lang, in Katja Alves Büchern steckt viel Stoff und jede Menge Spaß.

Die Mädels vom Muffin-Club sind allerliebst. Vier sind es an der Zahl und in jedem der insgesamt 4 Bände, hat eine der jungen Damen das Wort.

Im ersten Band – „Die süßeste Bande der Welt„- erfahrt ihr aus der Sicht von Lulu, die in 567 Tagen 10 Jahre alt wird, wie es zur Gründung der Bande kam. Das Schulfest steht an und Lulu, die unbedingt etwas richtig Tolles erfinden würde, macht sich Gedanken, was sie dazu beitragen kann. Wir wäre es denn mit Riesenmikado? Oder wie wäre es mit einem Riesenkuchen der immer wieder nachwächst?

Und dann kommt es zur Clubgründung, die wir wirklich klasse finden. Aber der Club ist streng geheim. Wir wollen von diesem Geheimnis auch wenig enthüllen. Die Namen von den Mädels können wir euch aber schon verraten. Lin, Miranda, Tamtam und Lulu gehörten zur Bande und die Abkürzung KCS (klug, clever, schlau) wird euch durch die Seiten begleiten.

Achja, natürlich gibt es auch ein Mädchen, was nicht so wirklich nett ist. Sie heißt Ines…

Die Muffin-Club
Die Muffin-Club – Katja Alves – Autogramm

Die süßteste Bande der Welt kennen wir nun, da liegt es nahe, dass wir wissen wollen, was passiert, wenn die vier Freundinnen loswirbeln.

Bei mehreren Teilen ist es total genial, wenn der zweite schon bereit liegt. Der Einstieg fiel uns wirklich leicht, denn Katja Alves widmet sich im zweiten Band der süßen Miranda. Sie liebt die Mode und würde sich am liebsten den Namen Schanel Miller geben. Bevor ihr Abenteuer beginnt, blickt sie auf die Anfangszeit des Muffin-Clubs zurück. Einfach herrlich, ein echtes Mädchen.

Ihr müsst wissen, Miranda mag überhaupt kein Ballett. Dennoch muss sie zu den Stunden gehen und die Schuld daran trägt ihre Mutter. Diese geht nämlich zu einem Therapist, so in der Art jedenfalls und von dem hat sie die Info, dass es für Kinder gut ist, wenn sie mit anderen Kindern zusammen sind.

Die Ereignisse beginnen sich sehr schnell zu überschlagen. Miranda braucht ein Ballettkostüm, ihr Kindermädchen Lea nervt sie täglich und dann kommen auch noch ihre Cousins Paulchen und Pino zu Besuch.

Achja, Ines ist auch beim Ballett…

Der Muffin-Club - Vier Freundinnen wirbeln los!
Der Muffin-Club – Vier Freundinnen wirbeln los! Illustrationen © Elli Bruder

Wir sind auf jeden Fall schon sehr gespannt, wie es mit den vier Mädels weitergehen wird. Die Autorin hat uns verraten, dass sie gerade mit der schüchternen Lin unterwegs ist. Mal sehen, was sie aus ihr herauskitzeln kann. Sie hat uns schon ein wenig verraten und die Mädelsbande hats uns wirklich angetan.

Auf die Frage, warum der Club nach Muffins benannt ist, gibt es eine herrliche Antwort. Frau Alves mag Muffins, weil sie eben immer wieder anders gebacken werden können und ihr Aussehen immer variiert. Der Name „Muffin“ ist einfach cool.

Alle jungen und frechen Bandenmädels, werden ihre wahre Freude beim Lesen haben. Die Illustrationen von Elli Bruder sind herzallerliebst und alle Bände sind sehr rosa- und lilalastig. Richtige Mädchenbücher eben!

Für den zusätzlichen Lesehingucker neben der großen Schrift sorgen die dicken rosanen Worte. Diese stechen dem Leser sofort ins Auge und vertiefen den Handlungskern.

Aber Achtung – beim Lesen kommt Lust aufs Backen und vor allem aufs Muffinessen auf 🙂

Unsere lieben Kids aus St. Alban sind übrigens ab demnächst auch im Muffin-Club – die Buchpost ist schon fast auf der Reise.

Karlottas fantastische Tierpension -
Karlottas fantastische Tierpension – Katja Alves – Illustrationen © Elli Bruder

Ein Werk für Erstleser stammt auch aus der Schreibefeder von ihr und auch dieses ist wundervoll illustriert. Karlottas fantastische Tierpension

Wollt ihr mal raten, wer die Illustratorin ist? Richtig, es ist Elli Bruder. Ein wirklich gutes Gespann, denn Frau Alves ist mit allen Bildern zu ihren Worten rundum zufrieden. Es hätte ja auch anders sein können, oder? Ein gutes Gespannt und im Vergleich zu uns, haben wir kaum Unterschiede und sind uns sehr ähnlich in der Art und Weise. Frau Alves schreibt und hinterher kreiert Frau Bruder die passenden Bilder. Wirklich grandios. Auch wir arbeiten ab und an so – einer textet, einer bildert.

Karlotta heißt die 7-jährige Protagonistin, die ihr wohl gleich ins Herz schließen werdet. Ihr esst bestimmt ebenso gern Sellerie-Kompott wie sie, oder? Ihr könnt euch sicher denken, dass Karlotta keinen Sellerie mag, ihr Kindermädchen Frau Plotz nimmt darauf allerdings keine Rücksicht. Karlotta hat ein großes Herz für Tiere, wie ihr Vater. Dieser nennt sich Prof. Dr. Jens Kieselstein und  ist Tierarzt. Dennoch kein gewöhnlicher, sondern einer mit besonderen Fähigkeiten.

Karlottas fantastische TIerpension -
Karlottas fantastische TIerpension – Leseübungsheft

Wir möchten euch jetzt aber nicht verraten, welche das sind. Aber wir verraten euch noch, dass Karlotta ein ganz großer Tierfan ist und bei ihr bzw. in der Tierpension von ihrem Vater, ganz viele Tiere wohnen. Tierische Tage stehen sozusagen auf der Tagesordnung. Doch was ist, wenn nach und nach die Tiere verschwinden? Und was hat es mit den Schüsseln auf sich?

Eine richtig schöne Geschichte für Erstleser im Alter von 6/7 Jahren oder vielleicht sogar schon eher. Die Kapitel sind kurz und so gegliedert, dass der Lesespaß im Vordergrund steht. Der Bücherbär ist auch dabei. Der ist wirklich niedlich und ziert das Lesezeichen. Also auch ein Hingucker fürs erste kleine Bücherregal.

Am Ende des Büchleins wartet dann noch ein Extra-Leseübungsheft. Rätseln und Malspaß ist garantiert.

Viel Spaß mit diesen drei Empfehlungen aus dem Kinderbuchbereich und vielleicht sind noch nicht alle Wünsche auf euren Weihnachtswunschzetteln ausgeschöpft 🙂

Bücher sind die schönsten Geschenke!

Katja Alves_Spacer

Ach wisst ihr was? Wir haben gerade Lust die drei Schätze zu verlosen. Und wisst ihr noch was? Die drei Schätze sind alle von Frau Alves signiert. Genial, oder?

Und wisst ihr, wie ihr gewinnen könnt? Ihr fragt euer Kind oder Enkelkind, welches der 3 Büchlein es gern gewinnen würde und warum. Postet die Antwort bei uns in einem Kommentar und schreibt uns zusätzlich eine Email an Literatwo@aol.de. Gern dürft ihr den Namen und das Alter des Kindes verraten.

Bis Sonntag 12 Uhr habt ihr Zeit!

Wir hoffen ihr freut euch und wünschen viel Spaß!

Gewinner
Gewinner

Update – 20.10.13:

Soeben haben wir die drei Gewinner gezogen und gewonnen haben:

„Karlottas fantastische Tierpension“ – Manuela

„Der Muffin-Club – Die süßeste Bande der Welt“ – Andrea

und

„Der Muffin-Club – Vier Freundinnen wirbeln los!“ – Lea Jentsch

Wir wünschen euch viel Lesespaß und danken fürs Mitmachen!

Kafkas Puppe – Gerd Schneider

Kafkas Puppe ~ Gerd Schneider

Dresden. Ich stehe auf meinem Balkon, es ist November und der Wind trägt sanft die Zirkusmusikklänge des Sarrasani herüber. Meine Gedanken werden von dem Wind, der nun weiter zieht, aufgenommen und schweben zu Lena, Lenotschka der Seiltänzerin, und zu ihrer Puppe Mira, sowie zu Franz Kafka.

Diese Worte schrieb ich vor über drei Jahren, als ich den Roman das erste Mal las. Heute schreiben wir den 5. Oktober und ich war soeben mit Gerd Schneiders Roman auf dem Zirkusgelände und habe ihm gezeigt, wo der Sarrasani steht. Ein tolles Gefühl, denn ich habe die Seiltänzerin, die mir am Ende des Romans begegnete vor mir gesehen.

Kafkas Puppe

Schneiders Roman hat nach dieser langen Zeit gerufen. Er wollte noch einmal gelesen werden und zwar aus gutem Grund oder eher aus guten Gründen. Wir treffen den Autor und „Kafka-Kenner“ auf der Buchmesse in Frankfurt persönlich, der kleine Roman ist ein echtes Herzstück und dieses Werk soll dringend einen Platz bei uns hier bekommen.

Franz Kafka sitzt wie jede Nacht an seinem Tisch und schreibt. Er schreibt meist an Geschichten, die ein trauriges Ende haben, findet seine neue Frau Dora. Doch dies sollte sich bald ändern…

 „Wie könnte eine Vereinigung größer sein zwischen Liebenden, als dass sie miteinander verschmelzen!“ sagte er, woraufhin Dora erwidertet: „Sie sind verbrannt, das ist es, was bleibt.“

Franz hat Prag hinter sich gelassen, um nun in Berlin mit Dora einen Neuanfang zu wagen. Doch mit der Ankunft in Berlin, weitet sich auch seine Krankheit aus. Tuberkulose.

Kafkas Puppe ~ Gerd Schneider

Kafka schreibt weiter, vor allem nachts. Das Licht brennt und seine Worte verewigen sich auf dem Papier. Bei Tageslicht spaziert er gern durch Berlin, durch den Steglitzer Park.

Lena, ein kleines Mädchen, findet er weinend auf einer Bank. Sie hat ihre Puppe verloren. Mira ist weg, Mira, ihr ein und alles, ihre Familie. Diese Begegnung geht Franz tief ins Herz, er suchte Mira, er möchte Lena ihre Puppe ersetzen. Doch er möchte ihr nicht einfach eine neue Puppe schenken und Mira ersetzen kann er mitnichten, denn Oberst Behrens Collie Karo hat diese zerstört.

Er hat eine andere Idee. Er schreibt. Kafka schreibt Briefe aus Miras Sicht und überreicht sie ihr fortan täglich. Mira ist vor einem Hund geflüchtet und meldet sich nun immer wieder von ihrer Reise. Franz ist Miras Briefeüberbringer und Lena akzeptiert und glaubt dies schnell. Lena wird für Franz ein Tageshöhepunkt, denn er schenkt ihr täglich mit den Briefen ein Stück Hoffnung, ein Stück Leben, ein Stück Mut und ein Stück Fantasie. Sobald allerdings die Steglitzer Kirchturmuhr zwei schlägt, müssen sie sich trennen, denn Lena muss zurück zu ihrer Mutter. Franz Kafka allerdings weiß nicht, dass Lena keine richtige Mutter hat, sondern in einem Waisenhaus wohnt.

Kein Tag vergeht nun ohne dieses Treffen, kein Tag ohne die Geschichte über den Reiseverlauf der zum Leben erweckten Puppe, kein Tag ohne die Begegnung mit Oberst Behrens und seinem Collie Karo, kein Tag ohne tiefe Gespräche mit Dora. Kafka ist bereits schwer krank, doch diese kleine Lena ist für ihn besonders, gibt ihm Kraft zu schreiben und die Möglichkeit einem kleinen Menschen den Lebensbeginn zu verschönern.

Kafka schreibt Briefe

Eine wunderbare, herzzerreißende und doch so einmalig einfühlsame Begegnung voller Liebe, Vertrauen und Halt, vor der Zeit des Krieges und der Konzentrationslager.

Kafka, ist das nicht dieser schwierige Schriftsteller?

Ja ist er und ich gestehe, nie ein Werk von ihm gelesen zu haben. Und doch habe ich es mit diesem Werk von Gerd Schneider nachgeholt und kann mein „Ja“ in ein „Nein“ wandeln.

Gerd Schneider schreibt nicht nur über Franz und Lena, sondern beleuchtet Kafkas Zeit in Berlin, seine letzten Lebensabende. Ebenso blickt er zurück auf die vergangenen Lebensjahre des Schriftstellers. Schneider vollführt in seinem Roman „Kafkas Puppe“ eine Wörterseiltanz und den Spagat zwischen Realität und Fiktion.

Der Autor schreibt gefühlvoll, seine Kapitel benötigen keine Überschriften und sein Werk steckt voller Wissen. Vor allem am Ende bleibt ein Lachenweinenkloß im Halse des Lesers stecken. Kafka war Jude und starb an Tuberkulose, seine Schwester Ottla allerdings, wurde ermordet, im Konzentrationslager Auschwitz.

Nach diesen 218 Seiten fühlt man sich als Kafka-Kenner. Nach diesem teils biographischen Werk ist Kafka für mich eine Persönlichkeit geworden, die nie vergessen werden darf, denn spätestens im Nachwort hat sich dieser Mann in allen Buchliebhaberherzen einen festen Platz gesichert. Kafka findet sich zudem auf Platz drei der französischen Liste Die 100 Bücher des Jahrhunderts wieder.

Kafkas Puppe (Arena Verlag) verbinde ich seit den letzten Seiten, die sich tief in mir verankert haben, mit dem Seiltanz. Ich sehe Lena vor mir, ich sehe ihre Puppe Mira vor mir und ich höre die Zirkusmusik aus dem Zelt des Sarrasani.

Für mich wird es Zeit, demnächst in ein Werk von Kafka selbst einzutauchen. Im Werk Das literarische Kaleidoskop von Regina Kehn, welches wir euch vorstellten, ist von ihm „Kleine Fabel“ zu finden. Gerd Schneider hat auch diese kurz im Nachwort erwähnt. Vielleicht „Briefe an Vater“ oder „Die Verwandlung“ – auf jeden Fall soll bald ein Kafka in meinem Regal einziehen und „Kafkas Puppe“ Gesellschaft leisten.

Der Sommer hat lange auf sich warten lassen – Melitta Breznik

Der Sommer hat lange auf sich warten lassen - ein Roman zwischen aufblühen und verwelken
Der Sommer hat lange auf sich warten lassen – aufblühen und verwelken

Der Sommer hat lange auf sich warten lassen“ (Luchterhand), ja, dem Titel können wir einfach nur zustimmen.

Aber mal ehrlich, ein Roman aus dem Hause Luchterhand, hat keine einfache Aussage im Titel, oder? Natürlich verbirgt sich hinter dem Titel nicht das, was wir auf den ersten Blick vielleicht vermuten. Es geht natürlich nicht um den vergangenen Sommer.

Melitta Breznik erzählt von einem Sommer, einem Lebensabend, in dem vielleicht ein runder Abschluss gefunden werden kann. Dazu braucht sie nur drei Protagonisten. Margarethe, eine Frau im Alter von knapp 90 Jahren, Max, deren ersten Mann und Lena, ihrer gemeinsame Tochter.

Der Sommer hat lange auf sich warten lassen -
Der Sommer hat lange auf sich warten lassen –  scharfe & unscharfe Lebenswege

Im Sommer des Jahres 2011 findet sich der Leser wieder. In der Schweiz, in Basel, bei Margarethe. Sie fühlt sich wohl im letzten Lebensdomizil, in der Altenklause. Aber sie möchte unbedingt noch eine Reise wagen, die Reise die ihr Leben endlich abrunden soll. Eine Reise die sie alleine unternehmen möchte, ganz alleine, nur mit ihren Gedanken. Ihr Ziel lautet Bergen-Enkheim, der Ort der ihre Kindheit zeichnete, der Ort an dem sie ihre Tochter Lena treffen möchte.

Lena ist früh aus ihrem Elternhaus nach London geflüchtet. Der Kontakt zur Mutter brach, als diese gegen den Willen Lenas handelte und eine Entscheidung für ihre Zukunft traf. Eine Entscheidung die Lenas Leben prägte und immer noch auf ihr lastet. Ihr Vater Max hat Margarethes Handeln damals nicht mehr mitbekommen, denn er konnte nicht mehr, denn der Krieg und die Kriegsnachwirkungen haben ihn innerlich zerfressen. Dennoch möchte Lena ihre Mutter treffen, sie sehen und vielleicht sogar ein letztes, aber irgendwie auch erstes Mal im Arm halten.

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Max aus Kapfenberg konnte in seinem Leben nicht wirklich viele schöne Momente erleben. Der 2. Weltkrieg mit seinen Vor- und Nachwirkungen, seiner unschönen Kindheit, zeichnet ihn. Selbst das Leben in Wien, seine Ehefrau Margarethe und Tochter Lena schafften es nie, ihn völlig unbeschwert zu machen. Doch die Tapferkeit war Max Stärke, denn seine Lena liebte er über alles und ihre Kindheit sollte so unbeschwert wie möglich sein. Seine dunkle Vergangenheit sollte keinen Platz im hellen Tageslicht finden.

Drei Leben, drei Vergangenheiten – Margarethe, Lena und Max.

Der Sommer hat lange auf sich warten lassen -
Der Sommer hat lange auf sich warten lassen – Lebensreiseziele

Die Reise der beiden Frauen löst die Welle der Rückblicke aus. Das bisherige Leben wird anhand von Gegenständen oder Begebenheiten wieder in den Vordergrund geholt. Zwei lebendige Frauen mit abgestorbenen Lebensinhalten wagen es, aufeinander zuzugehen. Schritte die beim erneuten Blick zurück schwer werden, Schritte die gegangen werden müssen.

Melitta Breznik nimmt den Leser mit auf eine Reise und öffnet in einer leisen Art und doch mit lauten Worten drei Lebenstore. Die Autorin selbst reiste für mich ebenso mit, denn sie ist wie ihr Protagonist Max in Kapfenstein geboren und zählt heute 52 Lebensjahre, fast genauso viele, wie ihre Protagonistin Lena.

Der Schreibstil ist tief und stechend, schneidende Worte fügen Schmerzen zu, die die Vergangenheiten spürbar machen. Ihre Charaktere haben die große Gemeinsamkeit, dass ihre Leben zerrissen sind, nicht miteinander, aber auch nicht ohneeinander leben können.

Der Sommer hat lange auf sich warten lassen -
Der Sommer hat lange auf sich warten lassen – Melitta Breznik

Als Leser wird schnell die Vermutung, dass der Roman hauptsächlich aus der Sicht Margarethes erzählt wird, zunichte gemacht. Nicht nur sie, sondern auch Tochter Lena hat ein bewegendes Leben und braucht den Platz, um den Leser dahin zu entführen. Obwohl im Jahr 2011 nur noch die zwei Frauen leben, bekommt Max ein Erzählfenster, welches in seinem Stil einzigartig ist, da es sich in verschiedenen Zeitebenen abspielt.

Wagt den Schritt, begebt euch auf eine Reise, die viele Gefühle beherbergt. Eine Reise der Lebenswegpunkteverarbeitung, die wie Landschaft am Leserfenster vorbei und vor allem mitzieht.

Der Roman löst das Zurückblicken auf die eigenen Vergangenheit aus, verbirgt Geheimnisse und beleuchtet die Kriegszeit in einem Licht, welches von Überlebensgefühlen und ihren Begleiterscheinungen ummantelt ist.

Der Sommer hat lange auf sich warten lassen und doch ist er gekommen. Ein leises Buch, was unserer heutigen Gesellschaft drei Lebensgeschichten des 20. Jahrhunderts laut entgegen schreit.

ALARM – Die Mordsmöwen sind los…

Mordsmöwen ~ Sina Beerwald

Mordsmöwenalarm bei Literatwo und wer ist Schuld? Richtig, Sina Beerwald.

Die sogenannten Ratten der Lüfte greifen uns Leselandratten an. Es wird recht flatterig bei uns, denn Sina Beerwald hat uns die geflügelten Insel- und Küstenbewohner auf den Blog geschickt. Also Achtung, hier ist der totale Möwenalarm und ein gefedertes Abenteuer, ein geflügelter Krimi, wartet auf euch und hat unser Lesen total beflügelt.

„Ahoi, Ahoi“ Dieser maritime Gruß kann auch Mobbing sein, denn der Möwenprotagonist namens Ahoi hasst es, wenn ihm dieser Gruß zugerufen wird.

Möwenprotagonist? Ja, richtig. Richtet euer Gefieder und lasst euch auf möwige Worte ein, denn Sina Beerwald lässt die Schnäbel klappern und ihre Protagonisten sind Möwen durch und durch, wobei sie sich schon einige Dinge von uns Menschen abgeguckt haben.

Mordsmöwen

Wir befinden uns auf Sylt und begleiten Ahoi, den Späher der Möwenbande. Ja, es wird kriminell, wie der Titel schon sagt. Nicht nur Ahoi ist seit 10 Jahren auf der kriminellen Flugbahn unterwegs, sondern auch Baron Silver de Luft (Bandenscheff), Harry mit seinem Jungenmöwensohn Grey, Suzette (die Schönheit unter den weiblichen Möwen), Jonathan (Single), Helgi (der Neue aus Helgoland), Balthasar (die Schlaumeiermöwe) und Alki (der Name ist Programm).

Diese Sylter Möwen sind schon anhand ihrer Beschreibung, die ihr noch vor der ersten richtigen Seite findet, für die ersten Lacher gut. Auch ohne Kriminalfall gäbe es schon durch ihre Eigenschaften und Möwencharaktere viel zu erzählen. Aber für Spannung soll eben auch gesorgt sein und die ist vorhanden, denn es passiert an einem ganz normalen Tag auf Sylt.

Mordsmöwen ~ Sina Beerwald

Knut ist weg. Knut ist keine Möwe, sondern ein Mensch und nicht nur ein Mensch, sondern ein besonderer, denn er ist Crèpes-Dealer. Also er besitzt einen Stand an dem sich täglich die Besucher der Insel die Bäuche vollschlagen können. Aber auch die Möwen, denn diese holen sich geschickt ihr Futter, in dem sie es einfach rauben.

Und nun? Der Stand ist zu und Knut scheint verschwunden zu sein und die hungrige Meute ist ratlos, spekuliert wild und macht sich umgehend auf die Suche, denn wer mag schon auf Würmer und Fische umsteigen, wenn es leckere Crêpes gibt?

Der Krimi beginnt und wir haben uns recht schnell in die Lage einer Möwe hineinversetzen können. Uns sind regelrecht die Lachfedern gewachsen.

AHOI

Ahoi ist mit seinem Möwenwesen einfach großartig. Seine Tollpatschigkeit und seine Verliebtheit in Möwin Suzette, wirbelt den spannenden Fall um Mensch Knut noch mehr auf. Zudem spricht Ahoi direkt zu seinem geflügelten Leser und stellt herrliche Fragen, die leider nur gedanklich beantwortet werden können, außer man befindet sich im Urlaub an der See.

Überhaupt ist eine maritime Atmosphäre wirklich ratsam, denn umso besser kann man sich in die Möwen hineinversetzen und vor allem ist es gleich viel lustiger, wenn ebendiese einen beim Lesen beobachten. Ich konnte so einige Möwen fotografieren und habe ihnen Namen gegeben. Stellenweise kam es mir so vor, als ob die Bande extra aus Sylt auf Rügen gekommen ist. Die Robbe Willi habe ich zwar nicht getroffen, dafür habe ich den Crêpes Stand entdeckt.

Aber jeder Humor ist mal kurz ausgeblendet, denn auch bei den Möwen gibt es ernste Seiten. Sina Beerwald schreibt nicht nur über eine kriminelle Bande, über einen Mord oder über die Liebe. Sie schreibt auch über Trennung, Lebenswege, Zukunftspläne und Familienmachenschaften.

Die Möwen sind eben auch nur Menschen!

Mordsmöwen ~ Sina Beerwald

Einige unter ihnen schmücken sich gern mit Brillen oder lesen in den Zeitungen mit Bildern. Herrlich. Der Humor und die Spannung haben die Oberhand im Möwenroman und viele Sprüche sind einfach zum Federn rupfen.

So lustig und eben einfach anders. Der perfekte Roman für den Urlaub an der See oder dort, wo es Möwen gibt. 

Sina Beerwald (emons:) schreibt uns Landratten in ein Lesenest in dem die Federn fliegen. Es riecht nach Eu de Watt, ist spannend und doch dauerhaft komisch. Wir können euch empfehlen, die Möwen auf ihrem Flug und im Falllösen zu begleiten und senden euch eine Leseeinladungsfeder.

Guten Leseflug und grüßte die Bande von uns!

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket – John Boyne

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket - John Boyne
Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket – John Boyne

Für treue Leser von Literatwo ist es kein großes Geheimnis: Ein langer Lebensleseweg verbindet uns mit John Boyne. Nach „Der Junge im gestreiften Pyjama“, „Zu schnell“, „Der Junge mit dem Herz aus Holz“ und „Das späte Geständnis des Tristan Sadler“ ist der irische Erfolgsautor selbst schuld daran, dass unsere literarische Erwartungshaltung  sehr hoch ist.

Die boyne`sche Messlatte hat er selbst auf Rekordhöhe geschraubt. Ob er sie mit seinem neuesten Kinder- und Jugendbuch Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (KJB) überspringen und einen Literatwo-Höhenrekord aufstellen würde, diese Frage beschäftigt uns seit jenem magischen Tag in Leipzig, als er uns in einem exklusiven Buchmesse-Interview davon erzählte, woran er gerade schrieb:

„Es geht um eine Familie, in der die Eltern es nicht akzeptieren können, wenn jemand in irgendeiner Beziehung „anders“ ist. Zwei ihrer Kinder entsprechen ihren Vorstellungen, aber da gibt es eben noch ihren Sohn „Barnaby“ und er ist alles andere als normal“ – so John Boyne im März 2012.

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket - John Boyne
Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket – John Boyne

Das „Anderssein“ ist wohl das zentrale Leitthema im Lebenswerk von John Boyne. All seine Protagonisten kämpfen dagegen an, nicht akzeptiert zu werden, ausgegrenzt zu sein oder aufgrund ihrer Lebenshaltung und -umstände von ihrem unmittelbaren Umfeld in eine Schublade gesteckt und an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden.

Das deutliche autobiographische Element dieses Leitmotivs strahlt über all seinen Büchern wie ein leuchtender Fixstern im boyne`schen Erzähl-Universum. Das haben wir damals im persönlichen Gespräch deutlich gespürt. Auch John Boyne fühlte sich „Anders“ und auch er führte einen langen verzweifelten Kampf gegen die scheinbare Normalität.

Dass er jedoch in seinem neuesten Buch – wohl im Wissen um die Höhe der Messlatte  – einen mehr als genialen Geniestreich seiner Fantasie zu einer Geschichte werden ließ, das hat uns mehr als überwältigt. Auch hier steht das „Anderssein“ im Vordergrund – auch hier wird ein kleiner Junge in einer Welt voller Klischees von seinem „ach so normalen“ Umfeld in eine Ecke gedrückt und im wahrsten Sinne des Wortes  auf dem Boden der Tatsachen gehalten…

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket - John Boyne
Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket – John Boyne

Mit dem achtjährigen Barnaby Brocket aus Sydney betritt einer der wohl außergewöhnlichsten Protagonisten der Literaturgeschichte die Bühne der normalen Welt.

Und er wird sie nachhaltig verändern….

Denn Barnaby Brocket trotzt den Gesetzen der Schwerkraft – er schwebt und kann nichts dagegen tun. Gar nichts. Schon seine Geburt wird für seine auf Normalität bedachten Eltern zum reinen Fiasko. Flutsch und weg, könnte man sagen. Nicht in der Hand der Hebamme landet der winzige Neugeborene, sondern an der Decke des Kreißsaals ist er zu finden. Erstaunte Blicke und große Verwunderung auf allen Seiten sind die logischen Folgen dieser Abnormität.

Und Besserung ist nicht in Sicht. Erste Versuche, sich mit der Situation abzufinden münden in einen verzweifeltem Kampf um Normalität. Matratzen werden an die Decken des Elternhauses genagelt, um dem heranwachsenden Barnaby einen Schlafplatz zu ermöglichen. Er wird in den ersten Jahren seines Lebens versteckt und lernt nur seine Eltern, seine beiden Geschwister und den treuen Hund der kleinen Familie kennen. Nach draußen lässt man ihn nicht. Das wäre peinlich und gefährlich, so der einhellige Tenor.

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket - John Boyne
Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket – John Boyne

Es kommt jedoch, wie es kommen muss. Man kann auch in der größten Normalität der Gesellschaft ein Kind nicht lebenslang unter Verschluss halten und spätestens die drohende Schulpflicht sorgt dafür, dass Barnaby Brocket das Licht der Welt zum ersten Mal so richtig erblickt. Und dieser Schritt liefert ihn den Blicken einer Welt aus, für die alles Unnormale schier unfassbar scheint. „Das ist doch nicht normal,“ so lautet die einhellige Meinung der Nachbarschaft auf das Kind, das nur an der langen Leine hinter seiner Mutter herschweben kann, wenn man gemeinsam das Haus verlässt.

Ein schwerer, mit Sand gefüllter, Rucksack hält ihn erstmals am Boden und vermittelt dem Umfeld einen leichten Hauch von Normalität, aber Barnaby fühlt sich gefesselt und stellt sich immer häufiger die Frage, wie es ihm wohl jemals gelingen wird, wahre Freunde zu finden… in einer Flughöhe eines Mittelstreckenflugzeugs…. Schwierig. Die Auswahl der Schule macht im dann klar, welche Rolle er im Leben seiner Eltern wirklich einnimmt. Die „Ultimative Akademie für unerwünschte Kinder“ scheint auf Problemfälle ausgerichtet, aber auch hier schwebt Barnaby über den Dingen.

Als die Situation für die Brockets eine Grenze erreicht, die sie für unerträglich halten, treffen sie einen mehr als folgenschweren Entschluss. Ein gemeinsamer Spaziergang zu einem lauschigen Aussichtspunkt in Sidney (Barnaby natürlich mit Sand im Rucksack beschwert) ein kleines „Versehen“ mit einer zufällig mitgeführten Schere und schon beginnt der Sand zu rieseln und Barnaby schwebt davon. Jetzt hatte man seinem Egoismus endgültig einen Riegel vorgeschoben. Um den Preis der Normalität lassen die Brockets ihren kleinen Barnaby im Alter von acht Jahren einfach fliegen.

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket - John Boyne
Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket – John Boyne

Was dann folgt möchten wir an dieser Stelle nur vage andeuten. Es beginnt eine wundervolle Reise in eine Welt, die sich Barnaby ganz anders vorgestellt hätte. Aufgefangen von zwei älteren Damen in einem Heißluftballon, liebevoll aufgepäppelt mit dem bisher fehlenden Selbstbewusstsein und der tiefen Einsicht, dass seine Fähigkeit nicht unnormal sondern besonders ist, macht sich Barnaby auf den Weg durch die Welt. Er begegnet Menschen, die so viel mit ihm gemeinsam haben, nur dass ihr Schweben ein anderes ist. Sie sind ebenso anders wie er selbst und es gelingt ihm bei jeder dieser emotionalen Begegnungen, seine neuen Weggefährten davon zu überzeugen, dass sie besonders sind.

Und doch will Barnaby wieder nach Hause. Dafür nimmt er alles in Kauf, denn er glaubt nach wie vor an die Liebe seiner Eltern und seiner Geschwister. Er schreibt liebevolle Ansichtskarten von unterwegs und gewinnt von Tag zu Tag mehr Vertrauen in sich selbst und in seine Fähigkeiten. Er beginnt an sich zu glauben. Wird er seinen Weg finden und kann er seine Eltern davon überzeugen, dass er als einzigartiger Mensch eine ganz besondere Normalität in sich trägt? Kann er bewirken, dass man ihn mehr liebt, als auf die Meinung der Anderen zu hören? Wird er jemals wieder einen Platz in seiner Familie finden?

Dies verrät uns John Boyne in „Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket“. Ein Buch für Leser jeden Alters – ein Roman der so leicht ist, dass er selbst zu schweben scheint. PostIts bleiben beim Lesen nicht an ihrem Platz, sondern schweben schwerelos mit dem Auge des Lesers von Seite zu Seite und von einer liebevollen Illustration aus der Feder von Oliver Jeffers zur nächsten . Ungläubig, bewegt und durch keinen Sand der Welt auf den Boden der Realität zu bringen. Wir haben uns in Barnaby verliebt, da dieser kleine Junge zum Sinnbild für die Besonderheit des Unnormalen wurde. Mit ihm gemeinsam schliefen wir unter der Decke, flogen an Hundeleinen befestigt zu kleinen Spaziergängen und trugen seinen bleischweren Rucksack.

Mit einem einzigen Klick beginnt der Flug zu John Boyne auf Literatwo
Mit einem einzigen Klick beginnt der Flug zu John Boyne auf Literatwo

Folgt der unfassbaren Leichtigkeit des Lesens und begegnet dabei einem Jungen, der euer Lesen verändern kann. In unglaublicher Herzlichkeit und angetrieben von großen Gefühlen hat er die hohen Erwartungen an diesen Roman bei Weitem übertroffen und einen neuen Rekord in literarischer Flughöhe aufgestellt. Barnaby Brocket ist ein ganz besonderer kleiner großer Held, der eure Herzen im Sturm erobern wird. Bei uns Literatwos ist ihm das gelungen und wenn wir an dieses bezaubernde Buch denken, dann blicken wir auf… und niemals nach unten.

Denn John Boyne und Barnaby Brocket sind nur dort zu finden: GANZ OBEN….

Die wundersame Geschichte der Faye Archer von Christoph Marzi

Die wundersame Geschichte der Faye Archer -
Die wundersame Geschichte der Faye Archer – mehr als ein Unterhaltungsroman

Es sind nicht wirklich viele Unterhaltungsromane auf unserem Blog vertreten, weil diese eben nicht in unser Hauptbeutegenre gehören. Wenn wir hier allerdings eben genannte besprechen, dann weil wir wirklich überzeugt sind und diese wirklich weiter empfehlen können.

Das Cover trägt hier eindeutig die Schuld, natürlich im positiven Sinne, dass dieser Roman gelesen wurde. Diese große Schrift, geschwungen und in angenehmen, herbstlich angehauchten Farben und einfach der Titel selbst, all dies lädt zum Lesen ein.

Das Eintauchen in Die wundersame Geschichte der Faye Archer fällt wirklich leicht, denn Faye Archer zeigt sofort ihren umgänglichen Charakter und Christoph Marzis leichter und beschwingter Schreibstil ist mehr als angenehm.

Die wundersame Geschichte der Faye Archer_Spacer_

Faye Archer ist Ende zwanzig und arbeitet in einer Buchhandlung namens „Real Books“. Der Weg zu diesem Job führte über einen Yogakurs, den ihr Chef leitete. Dieser besagte Chef Mica Sagong ist ein gutaussehender Koreaner und liebt Yoga und vor allem Comics.

Ein vergessenes Skizzenbuch allein erregt bei Faye noch keine Aufmerksamkeit, doch wenn der dessen Besitzer Worte wie »Geschichten sind wie Melodien!« von sich gibt, wird Faye hellhörig. Leider zu spät, denn da hatte der Mann, Alex Hobdon, wie sich später herausstellt, den Laden schon verlassen. Dank Facebook findet Faye den Mann, der sie bereits mit wenig Worten verzauberte und den Roman „Frühstück bei Tiffany“ im Real Books kaufte.

Die wundersame Geschichte der Faye Archer - melodische Worte
Die wundersame Geschichte der Faye Archer – melodische Worte

Alex antwortet und erklärt ihr zu den Skizzen, dass er eine Graphic Novel zu Trueman Capotes Werk veröffentlichen möchte. Beide kommen sich per Mails, die nach und nach länger werden, immer näher und öffnen sich wie eine aufblühende Rose. Zudem lautet Fayes Nickname und Künstlername „Holly_G!“, nach Holly Golightly, Capotes Protagonistin. Faye vertraut Alex ohne ihn bisher getroffen zu haben und fällt in ein tiefes Loch, als etwas wundersames passiert.

Sie ist enttäuscht, zweifelt und ist fassungslos. Hat Alex wirklich mit ihr gespielt?

Faye lassen die Vorkommnisse gedanklich nicht in Ruhe und sie möchte einerseits wissen, was hinter dem Verhalten von Alex steckt, anderseits hätte sie gern Ruhe und vielleicht in naher Zukunft endlich mal eine feste und harmonische Beziehung. Bisher war eigentlich immer sie diejenige die sich getrennt hat, was zudem zur Folge hat, dass ihr letzter Ex, Ian, sich ständig bei ihr meldet.

Die wundersame Geschichte der Faye Archer - "Frühstück bei Tiffany" von Trueman Capote
Die wundersame Geschichte der Faye Archer – „Frühstück bei Tiffany“ von Trueman Capote

Es wird Zeit, dass sich Faye wieder in Holly_G verwandelt und in ihre Welt eintaucht, die sie für ein paar Stunden verändert…

Wer noch in ein Art Schubladendenken zurückfällt, der sollte dieses schnell ablegen, vor allem bei diesem Werk aus der Feder Christoph Marzis.

Ehrlich gesagt musste ich immer wieder staunen, dass der Roman, der eindeutig für die Zielgruppe Frau gedacht ist, aus der Feder eines Mannes stammt. Irgendwie war ich immer der Meinung, der Heyne Verlag hat nur Autorinnen unter Vertrag und diese schreiben ausschließlich Unterhaltungsromane für Frauen. Denkste! So ist es nämlich nicht, also Achtung, falls es jemandem so geht wie mir. Mein Denken rührt irgendwie daher, dass ich vor ca. 5 Jahren total auf die Marian Keyes Romane abgefahren bin. 🙂

Die wundersame Geschichte der Faye Archer -
Die wundersame Geschichte der Faye Archer – Christoph Marzi

Faszinierend ist der Plot des Romans, denn dieser ist wirklich genauso wundersam, wie es der Titel verspricht und dazu mit einer zarten Liebesgeschichte ummantelt. Die Leichtfüßigkeit zeichnet dieses Werk aus und die Tatsache, dass Marzi mit gerade mal einer Hand voll Charakteren auskommt, die einfach genial sind. Faye wird wohl von allen Lesern am meisten ins Herz geschlossen. Sie ist selbstbewusst und ihre Verwandlung in Holly ist sagenhaft stark.

Meine Lieblingsstelle im Roman ist jene, als ihr künstlerisches Talent, ihr Auftritt selbst, beschrieben wird. Aber auch der Koreaner Mica mit seinem Charakter und trockenem Humor ist absolut hervorzuheben. Dana Carter, Fayes Freundin, ist ebenso bemerkenswert in ihrer Art und ihrem Handeln, wie Alex Hobdon, dem Objekt der Archer-Begierde, ein Charaktertyp der einfach nie aufgibt.

Wer das Wort “wundersam“ bis zum Schluss im Kopf behält, wird den Roman lieben, denn die Plausibilität wird dadurch gewährleistet.

Die wundersame Geschichte der Faye Archer -
Die wundersame Geschichte der Faye Archer – tiefe Zitate

Für gute Unterhaltung bedarf es keines rosafarbenen Covers und Christoph Marzi hat mich mit seiner Schreibe total überzeugt. Hätte ich wirklich nicht gedacht! Titel und Cover sprechen eine Sprache und sind so rund wie die Story an sich, ohne in einen klischeehaften oder vorauszuahnenden Plot zu verfallen.

Für richtige Buchliebhaber enthält der Roman zudem noch ein richtiges Sahnehäubchen bereit, da viele Romane Erwähnung im Werk finden, großer Bezug zu Büchern enthalten ist (sogar unser David Foster Wallace wird genannt, was magisch ist) und die Buchhandlung sehr oft beschrieben wird und auch Handlungsort ist.

Christoph Marzi sollte die Bezeichnung: „Frauenkenner mit Lizenz zum Schreiben aus weiblicher Perspektive“ bekommen!

Mein Herz schlägt für uns beide – Suzi Moore

Mein Herz schlägt für uns beide - Suzi Moore
Mein Herz schlägt für uns beide – Suzi Moore

Nein, nichts für mich… ! Das war meine erste Empfindung, als ich mir Mein Herz schlägt für uns beide von Suzi Moore genauer angeschaut hatte. Das Cover erinnerte mich an Strand- und Freundinnen-Stories, für die ich mich im Moment so überhaupt nicht erwärmen wollte. Und nur by the way… ich bin ein Junge (ein recht alter zugegeben, aber immerhin…) und dieses Titelbild der beiden jungen Mädchen, Arm in Arm, nahm einfach keinen Kontakt mit mir auf.

Allerdings wollte mir nicht ganz in den literarischen Kopf, was dieses Buch dann im Sortiment des „CBJ-Verlages“ zu suchen hatte. Passt gar nicht zu meinen ersten Eindrücken, dachte ich mir und schlug das Buch dann doch auf. Eigentlich war das nicht mein Plan, aber dann stand ich planlos vor den ersten Zeilen einer Geschichte, von der ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, dass sie mein Lesen verändern würde.

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Jonathan Stroud – The official „Lockwood & Co.“ interview

Literatwo is scared and very amused

It was more than a privilege for Literatwo to conduct this first exclusive

„Lockwood & Co.“ – interview with Jonathan Stroud

for his German publisher CBJ. The German transcription is available on the official book page of CBJ and we have started our article series with the special „Literatwo meets Jonathan Stroud„. As promised, we now open our secret book with the complete original edition of this impressive interview.

Jonathan, you carry your readers off into a very beautiful/scary ghost-atmosphere in the London of our times. The presence of ghosts has grown to a dangerous dimension all over the country. Ghost-lamps dominate the urban image and a ban on going out is imposed. What inspired you to write about the subject of ghost-hunting in your very unique personal style?

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Marina – Carlos Ruiz Zafón

Marina - Carlos Ruiz Zafón - Bestseller
Marina – Carlos Ruiz Zafón – Bestseller

Marina, Marina, Marina – lange habe ich überlegt, wann der richtige Zeitpunkt für einen weiteren Zafón ist. Diese Überlegung wird dem Leser spätestens bei den Zeilen des Meisters selbst abgenommen. Dieser lässt es sich nicht nehmen, dem Leser ein paar persönliche Worte und Hintergründe mit auf den Leseweg zu geben. Überraschend anders und sehr persönlich…

„Marina sagte einmal zu mir, wir erinnerten uns nur an das, was nie geschehen sei.“

Mit diesem Satz beginnt der Roman und gleich dieser erste Satz lässt innehalten. Könnte man über diese Worte nicht ewig nachdenken? Ein sofortiges Weiterlesen fiel mir schwer, da nur ein Satz vorher Zafón selbst schrieb:

„…und ich werde mich, wie Marina sagen würde, wieder an das erinnern können, was nie geschah.“

Diese zwei Sätze, diese Aussage, die Idee, die ganze Botschaft an sich, kann so umfassend ausgeweitet werden und ein begonnenes Gespräch kann ganze Abende füllen, so viel Potenzial steckt in diesen wenigen Worten. Sagenhaft.

Marina -
Marina – Zitate mit Langzeitnachdenkwirkung

Marina (Fischer Verlag) ist mein zweiter Zafón nach „Der Schatten des Windes“ und dank der Worte des Autors konnte ich mich mit einer anderen Art von Leseerwartung in den Roman begeben, da ich wusste, dass dieser völlig anders wird. „Der Schatten des Windes“ hat mich regelrecht umgehauen und zwar so sehr, dass ich immer noch nicht fähig war und bin, eine Rezension zu schreiben.

Marina_Carlos Ruiz Zafón-Spacer

Oh, ein schwarzer Schmetterling umschwirrt den Bildschirm um mir mitzuteilen, dass ich jetzt endlich erzählen soll, was euch mit Marina passieren wird und was mir passierte…

Óscar Drai – diesen Namen trägt der Protagonist welcher gleichzeitig Erzähler ist und sich nach und nach ins Herz des Lesers schleicht, denn was er von sich preisgibt, ist sein Geheimnis. Die gestohlene Taschenuhr mit einer besonderen Gravur bedrückt den Internatsschüler immer mehr und schließlich kann er nicht anders, als diese in das verwunschene alte Haus zurück zu bringen. Durch dieses Zurückbringen lernt Óscar das geheimnisvolle und Geheimnis liebende Mädchen namens Marina und ihren kranken Vater Germán, den eigentlichen Eigentümer der Uhr und früheren Künstler mit bewegender Geschichte, kennen.

Marina -
Marina – gestohlene Taschenuhr

Die gegenseitige Sympathie ist vorhanden und ein zweites Treffen ist vorprogrammiert, die Wurzeln einer tiefen Freundschaft sind gelegt. Marina weiht Óscar in ihr kleines Geheimnis, in die Entdeckung die sie auf dem Friedhof gemacht hat, ein. Ein schwarzer Schmetterling, die Dame in schwarz und mehrere Puppen, scheinbar unvollendet und doch lebendig sind der Auftakt zu einer Geschichte, der Auftakt in die Vergangenheit und der Auftakt um das Leben des ehemals reichsten Mannes von Barcelona.

Michail Kolwenik, das Abnormale liebend und an Leichen experimentierend, ist verbrannt! In inniger Umarmung mit seiner geliebten Ewa Irinowa. So jedenfalls heißt es und doch scheint alles ganz anders, denn ein Kuvert, welches Óscar in die Hand gedrückt bekommt, führt ihn zu einer Spur, die wenig Gutes bereit hält.

Marina -
Marina –

Zwei Jugendliche, ein noch dünnes Liebesband und ein umfassendes Geheimnis, was in den Gassen  Barcelonas ergründet wird, sind die Wegmarkierungen im Roman. Was mit viel Poesie und einem breitem Leseweg beginnt, verändert sich schnell in ein regelrecht gruseliges Abenteuer mit vielen schmalen Seitenwegen die sogar Horrorszenen enthalten und erschüttern.

Zafón warnt vor, dass hier ein Roman vorliegt, der wirklich komplett anders ist. Jedem Leser sollte bewusst sein, dass hier etwas geschieht, was voller Magie steckt, die stellenweise keinen realen Bezug hat. Der Roman balanciert auf mehreren Genrekanten. Mysteriöses trifft Horror, Fantasy trifft Liebe – Jugendbuch mischt sich mit Erwachsenenroman. Ab und an wandelt sich die Spannungsgänsehaut zu Gänsehaut des Ekels…

Marina -
Marina – schwarze Damen

Ich bin wieder gern durch die Straßen Barcelonas gestreift, habe mich mitreißen lassen und ich habe mich geekelt und gegruselt. Jeder Zafón bringt neben dem Romaninhalt Barcelona näher und näher und irgendwann wird wohl eine Reise in die spanische Großstadt nicht mehr zu verhindern sein. Im Nachhinein empfinde ich es wichtig, ohne Erwartungen an diesen speziellen Zafón hineinzulesen, da sonst die Welle der Enttäuschung wohl nicht lange auf sich warten lässt.

Ebenso wie die Zartheit von 0 auf 100 zur Brutalität umkippt, verhält es sich mit der Sogkraft des Romans, denn die zafonsche Mischung ist und bleibt unbeschreiblich gut.

Marina -
Marina – Schmetterlingsserum

Auf 350 Seiten spult der Meister förmlich ein breites Theater an Begebenheiten ab und vergisst nicht zwischen allen außergewöhnlichen Dingen, für einen Überraschungseffekt am Ende zu sorgen. Dieser lässt „Marina“ in einem magischen Licht erstrahlen und alle Anfangsgedankenblühten öffnen, die bis dahin noch geschlossen sind.

P.S. „Marina“ steh in meinem Bücherregal nicht weit entfernt von Die Insel der besonderen Kinder, Die hässlichste Frau der Welt und Madame Jakublonskis Monstrositäten-Cabinet entfernt, damit sich diese miteinander austauschen können. 

Gefühlsflut – Ein ganzes halbes Jahr von Jojo Moyes

Ein ganzes halbes Jahr - Liebe - © Sarah Gibb (Illustration)
Ein ganzes halbes Jahr – Liebe – © Sarah Gibb (Illustration)

An einigen Romanen kommt man einfach nicht vorbei. Kennt ihr das? Ihr seht den Roman immer wieder in einer Buchhandlung, auf Facebook postet fast jeder literarische Freund, wie gut der Roman ist und im Internet stolpert man immer wieder über die Abbildung des Covers.

So ging es mir bei diesem Werk von Jojo Moyes. Irgendwann hat es mir einfach „gereicht“ und ich habe mir diesen absoluten Lustkauf gegönnt. Ob ich dies bereut habe? Keineswegs, denn welches Leseabenteuer ich erfahren durfte, kann ich kaum in Worte fassen. Der Roman ist aus meiner Lebensbibliothek nicht mehr wegzudenken und alle die immer noch überlegen, ob sie ihn lesen sollten, kann ich nur dringen raten es zu tun. Aber seid gewarnt…

Es wird tief, hochemotional und Taschentücher müsst ihr unbedingt bereithalten, denn durch die große Gefühlsflut wird kein Auge am Ende trocken bleiben. Es sei denn, ihr habt noch nie bedingungslos geliebt…

Ein ganzes halbes Jahr_Jojo Moyes_Spacer

Vor kurzer Zeit habe ich mich noch dem Roman Das Schicksal ist ein mieser Verräter hingegeben und möchte gleich zu Beginn sagen, dass dieser schon mehr als Tiefgang hatte und wer ihn mag, kann und darf sich Ein ganzes halbes Jahr nicht entgehen lassen.

Für empfindliche Gemüter ist ein wenig Vorsicht geboten, denn gerade zu Beginn ist es heftig, den im Prolog passierenden Unfall zu akzeptieren. Unfälle können Leben verändern und ich weiß genau, wie sich dies anfühlt. Das kräftige Hinunterschlucken des Kloßes im Hals beginnt recht schnell.

Lernen wir Will zu Beginn als lebensfrohen jungen hübschen und erfolgreichen Mann kennen, verändert sich diese Bild ganz heftig und abrupt. Will verwandelt sich von heute auf morgen vom Senkrechtstarter zum kompletten Gegenteil und seine Empfindungen können absolut nachvollzogen werden. Ein Schicksalsschlag der auch seine nicht ganz intakte Familie völlig aus der Bahn wirft.

Ein ganzes halbes Jahr - Emotionen pur

Louisa Clark, kurz Lou, wird ebenfalls aus der Bahn geworfen, allerdings ist dies nicht mit Will zu vergleichen. Sie verliert ihren Job und muss sich zum ersten Mal in ihrem Leben mit dem Begriff arbeitssuchend auseinander setzen. Doch diese Arbeitslosigkeit ist familienübergreifend, denn ihre Eltern sind finanziell von ihr abhängig. Ihre Schwester Treen mit ihrem kleinen Sohn Thomas wohnt ebenfalls noch zuhause und trägt nichts zur finanziellen Unterstützung bei. Zudem hat Lou zu ihrer Schwester nicht das beste Verhältnis, da diese jünger und schon immer besser als sie selbst war. Ein Zickenkrieg und eine Art Wettrennen steht untereinander einfach immer auf der Tagesordnung.

Als alle Jobstricke reißen nimmt Lou die Stelle bei Familie Traynor an. Ihr Sohn Will muss betreut und unterhalten werden und zwar für genau 6 Monate. Eine Herausforderung die Lou, die gern wieder in einem Café arbeiten würde, nicht wirklich annehmen möchte, doch die sehr gute Bezahlung lockt. Ihr bleibt im Anbetracht der Familie die sie mit zu versorgen hat, auch keine andere Wahl als ein ganzes halbes Jahr Will zu betreuen.

Ein ganzes halbes Jahr - ein vielsagendes außergewöhnliches Tattoo
Ein ganzes halbes Jahr – ein vielsagendes außergewöhnliches Tattoo

Die erste Begegnung der zwei Hauptprotagonisten verläuft kühl, Will ist voller Hass und er möchte nur seine Ruhe und eigentlich möchte er sein Leben so schnell wie möglich beenden. Seit dem Unfall ist er gelähmt und fast vollständig von anderen Menschen abhängig. Keine Entscheidung kann er mehr treffen, der lebensfrohe Abenteuerfreak möchte dieses neue Leben nicht leben und lässt vor allem auch Lou spüren, wie ernst er es meint. Will ist abweisend, zynisch und möchte Lou loswerden.

Lou steht kurz davor das Handtuch zu werfen, denn das tägliche Zusammensein mit dem dauernd schlecht gelaunten Will und seinen Anordnungen sind nicht wirklich ertragbar. Doch dies kann sie ihrer Familie nicht antun. Ihr Freund Patrick beginnt sich ebenfalls mehr und mehr zu verändern und kann ohne seinen Sport nicht leben. Dieser wird immer mehr zu seinem Lebensschwerpunkt. Lou ist eher der nette Entspannungsbonus für ihn, den er dann beansprucht, wenn ihm danach ist und das wird immer seltener und ihr Zusammensein immer oberflächlicher.

Ein ganzes halbes Jahr_Jojo Moyes_SpacerLou fühlt sich im Hause Traynor unwohl, was auch an Wills unfreundlicher Mutter und ihrem Vater, der lieber in einer anderen Familie wäre, liegt. Als Lou allerdings ein Gespräch belauscht, was wirklich nicht für ihre Ohren angedacht war, gibt es in ihr einen Knack und sie stellt sich ans Lebensruderrad und gibt ihr bestmögliches. Was sie nicht weiß: sie selbst ist wohl die einzige Chance die es noch gibt…

Was Jojo Moyes für ihre Leser bereit hält ist eine Geschichte die sehr an die Realität verknüpft, regelrecht mit ihr verankert ist. Es fehlen die Worte um gleich nach dem Lesen dieses Werkes, was einen Platz ganz weit vorn im Regal meiner Lebensbibliothek bekommen wird, darüber zu reden oder zu schreiben. Ein tiefes Durchatmen und Tränen wegwischen sind die ersten zwei Schritte nach dieser Liebesgeschichte der anderen Art. An keinem Leser wird dieser Roman ohne gewisse Spuren zu hinterlassen, vorbei gehen. Und genau das wollen wir Leser doch – die Spuren der Romane in uns tragen und immer wieder daran erinnern.

Ein ganzes halbes Jahr - bedeutende, besondere Geschenke
Ein ganzes halbes Jahr – bedeutende, besondere Geschenke

Dieser Roman greift so unterschiedliche Problemfelder auf, welche so grandios beschrieben und gewandelt werden, dass ich dafür kaum Worte finde. Größtenteils ist der Roman aus Lous Perspektive erzählt, was für diese unglaubliche Nähe sorgt. Ich mag Lou mit ihrem andersartigen Modegeschmack und ihrer positiven humorvollen Art. Aber auch die anderen Charaktere kommen zu Wort, genau dann wenn man nicht damit rechnet und auch wirklich nur selten und kurz, so dass diese bestimmten Zeilen zielsicher ins Herz treffen und wichtige Wegpunkte setzen. An diesen Wegpunkten rückt der Zusammenhalt der Familie in ein ganz anderes Licht und bisherige Tagesordnungen ändern sich von jetzt auf gleich.

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Die knapp 520 Seiten lesen sich wirklich in einem Stück weg, da der Leser regelrecht in die Familie integriert wird und einen festen Platz bekommt. Moyes schreibt so unglaublich nah, dass Lou und Will einem sofort fehlen, nicht erst am Ende. Die Erlebnisse der beiden Protagonisten sind so prägend und so fantastisch andersartig und besonders, regelrecht magisch. Der Besuch im Tattoostudio, die gemeinsame Zeit überhaupt oder das ganz andere modische Geburtstaggeschenk was mitten ins Herz trifft, da Will einfach mit offenen Augen durch sein neues Leben geht, obwohl er es hasst. Will würde alles tun, um Lou glücklich zu machen…

Ein ganzes halbes Jahr - Tee heilt fast alle Wunden
Ein ganzes halbes Jahr – Tee heilt fast alle Wunden

Die Bilderfluten sind so enorm und mein Gedankenkarussell hat sich so heftig gedreht, dass es schwer für mich war, im Sitz zu bleiben.

Das Verständnis ist im Roman der wichtige Faktor und auch im realen Leben ist es der Punkt der Punkte. Kein leichter Punkt, denn jeder von uns hat schon Schicksalsschläge hinnehmen müssen oder Entscheidungen ertragen müssen, wo er einfach nur ganz laut geschrien hätte und davon gelaufen wäre. Oder?

Dieser NEIN-Schrei muss einfach raus. Diese Welle des Untragbaren löst im Gegenüber einen unsagbaren Stress aus und einen Zusammenfall des bisherigen Lebens. Worte, Entscheidungen und Unfälle – ob beinflussbar oder nicht, können ganze Zukunftspläne über den Haufen werfen und Mauern aufstellen, wo noch keine waren. Es macht mich schier wahnsinnig Situation zu erleben, an denen man nichts mehr ändern kann und das nie, nie wieder. Innerlicher Zusammenbruch und Stress pur, der mich auffrisst und kaum Raum für Entspannungsminuten lässt.

Ein ganzes halbes Jahr - Jojo Moyes © by Phyllis Christopher
Ein ganzes halbes Jahr – Jojo Moyes © by Phyllis Christopher

Ich selbst habe mich oft als Lou gesehen, da wir einiges gemeinsam haben und sie genauso gehandelt hat, wie ich es getan hätte und doch musste ich feststellen, dass sie etwas mutiger ist. Akzeptanz heißt das Zauberwort, in bestimmten Situationen das härteste was es wohl gibt. Lou ist für mich bewundernswert mit ihren 26 Jahren, einfach stark und gern hätte sie zur Freundin. Ich ziehe den Hut vor ihr und bin durch und durch beeindruckt und sage ihr dies jetzt persönlich, denn gedanklich bin ich neben ihr im Café in Paris.

Jeder der liebt und das bedingungslos, wird in diesem Roman weinen müssen und eine ganz dicke Träne hat sich auf Seite 518 in die Seiten gesogen, als ich Seite 519 las.

Ein ganzes halbes Jahr_Jojo Moyes_Spacer

Auch nach diesen Zeilen hier verschwimmt mein Blick und ich muss tief einatmen und versuchen wieder klar zu sehen.

DANKE an Jojo Moyes für Lou und Will und ihre Geschichte!

P.S. Vergesst nicht die obligatorische Tasse Tee beim Lesen, denn in Lous Familie gibt es angeblich nichts, was nicht durch eine Tasse Tee besser wurde.